Brasilianer brennen ihn aus Zuckerrohr, Amerikaner aus Mais, Europäer aus Weizen und Rüben, Afrikaner aus Zuckerhirse und die Asiaten aus Maniok: Es wurde noch nie so viel Ethanol produziert wie heute! Ein wahrhaft wildes, bacchantisches Zeitalter hat begonnen. So könnte man meinen… Doch tut sich mittlerweile ein tiefer Graben in der Gemeinde der Alkoholkonsumenten auf. Die einen schütten sich den Schnaps hinter die Binde, die anderen schütten ihn ins Auto. In Brasilien fahren 80% der Autobesitzer bereits mit Ethanol. Zahlen, die man hierzulande nur in Oberbayern erreicht, wo das Fahren mit Alkohol eine lange Tradition hat. Wenn der bayrische Verkehrminister Otto Wiesheu am Steuer saß, wusste man nie, wer hat eigentlich mehr getankt: das Auto oder der Minister? Das ist natürlich unfair, weil ein gestandener Bayer würde doch nie auf die Idee kommen, seinen Obstler im Ottomotor derart zweckzuentfremden. Alkohol hat eine zu starke kulturelle Verwurzelung in der bayerischen Volksseele: Bier ist ein Nahrungsmittel und Nahrungsmittel gehören nicht in den Tank, das wäre Alkoholmissbrauch. Und die Russen stimmen uns da zu: Bei Ihnen hat der Wodka fast schon eine heilige Bedeutung. Die Vorstellung von Bioethanol-Zapfsäulen an russischen Tankstellen ist geradezu blasphemisch:
„Bitte vollmachen!“
„Wo ist ihr Auto?“
„Welches Auto???“
Außerdem wütet die „Öko-Plörre“ (www.bild.de) in dem Motorraum deutscher Autos eh wie eine Horde betrunkener Marder, wenn man zumindest der Autolobby glauben will. Und das will der Deutsche, denn den ADAC halten die Leute laut Umfrage vertrauenswürdiger als den Papst…
Und die Frage ist ja auch berechtigt: Verträgt mein Auto überhaupt Alkohol? Wir Menschen saufen seit Jahrtausenden, mein Auto aber erst seit Januar… Und bevor der deutsche Autobesitzer sein liebstes Stück einer Gefahr aussetzt, schiebt er seinen Porsche Cayenne besser selbst in den Urlaub. Typisch, denn entwickelt der Deutsche mal eine gesunde Skepsis, dann meist aus den falschen Gründen. Bekanntlich kann der Anbau biogener Energieträger verheerende Folgen haben: Steigende Lebensmittelpreise auf dem Weltmarkt, Verringerung der Nahrungsmittelproduktion, ökologische Verwüstungen durch extensive Monokulturen, Einsatz von Gentechnik und Pestiziden, etc.
Doch den Trend zum Bio-Ethanol als Treibstoff wird auch die deutsche Abstinenz nicht aufhalten. Versiegen die Ölquellen der Welt, müssen die Destillationskolben angeschmissen werden. Ein Drittel der Maisernte in Amerika wird bereits zu Bioethanol verarbeitet. Die brasilianische Regierung hat angekündigt, in den nächsten Jahren bis 150 Millionen Hektar Zuckerohr zusätzlich anzubauen. Was soll man sonst machen? Denn verglichen mit dem, was unsere Autos saufen, benehmen sich die Besucher des Oktoberfestes wie eine Gruppe leberkranker Taliban.
Also, nicht unsere Lehrer schlucken zuviel, es sind unser Autos. Im Grunde müssten unsere Karren auf Entzug gesetzt werden, doch da verweigert sich der Deutsche wieder: Das Dreiliterauto wollte bei uns keiner kaufen! Der Lupo wurde von VW aus dem Sortiment genommen, weil er vom Verbraucher nicht als Auto, sondern als eine Art Bobby-Car wahrgenommen wurde. Kein Wunder, denn Deutschland ist in Europa das einzige Land ohne Tempolimit. Entschuldigung, das ist falsch: Malta und die Färöer-Inseln sind auch noch Bastionen der Freiheit. Bloß wenn man da auf 200 beschleunigt, muss einen die Wasserwacht zurück an Land schleppen…
Das Auto ist dem Deutschen, was dem Pavian sein Hintern ist: Hast du den Dicksten, der am meisten stinkt, bist du der Chef! Wir fassen zusammen: Bioethanol gehört in den Magen, nicht in den Tank. Denn wer zu voll ist zum Autofahren, schützt unsere Umwelt am meisten.
Illustration: Inka Meyer www.designee.de
Tobi Oans – 3. Mai 2011, 05:26 Uhr
Philip Rösler, der Bundesfurzende der FDP sagte zuletzt: DIE POLITIK IST KEIN PAVIANHÜGEL. Ich sage: Einen Unterschied zwischen der Politik und Pavianhügeln gibt es tatsächlich: „Die Ärsche sind rot“!
In diesem Sinne
Alles Gute
Tobi Oans
http://www.tobi-oans.de